Schiefhaltungen und Kopfgelenkstörungen -
die Ursache für Verhaltensauffälligkeiten im Säuglings- und Kleinkindalter

Eine Information für Patienten
 
 
 
 
 
 

  KISS - Syndrom erfolgreich behandeln
 
  Ein Baby zu bekommen ist an sich die wunderbarste Sache der Welt - wenn mit dem Tag der Geburt für viele Eltern nicht auch der Babystress beginnen würde. Stillprobleme, nicht enden wollendes Schreien - am Tag und in der Nacht - Blähungen oder 3-Monats-Koliken, Berührungsempflindlichkeit des Kindes - all das sind Alltagsschwierigkeiten, die insbesondere die ersten Lebensmonate belasten können.

Der kinderärztliche Rat lautet in solchen Fällen meistens, daß sich die Probleme nach einiger Zeit schon auswachsen würden. Man solle nur die Ruhe bewahren, man brauche nun einmal etwas Geduld und Zeit und für die Behandlung der Verdauungsstörungen gibt es schließlich Tropfen.

Zahlreiche Studien haben inzwischen belegt, daß es sich bei diesen Anpassungsproblemen der ersten Lebensmonate keineswegs nur um harmlose Störungen handelt, die sich mit der Zeit auswachsen. Vielmehr liegt hier oft ein sogenanntes KISS - Syndrom, eine kopfgelenkinduzierte Symmetriestörung vor. Hiermit bezeichnet man eine Haltungsabweichung von der Mittelstellung, die als "Schiefheit" zu erkennen ist (besonders der Hals erscheint als verdreht, "Schiefhals") und zu der meist auch ein Überstrecken des Körpers nach hinten gehört. Oft fällt auch nur eine Asymmetrie des Gesichtes oder des Kopfes auf. Diese Verhaltensauffälligkeiten an sich sind in der Orthopädie schon lange bekannt. Daß damit oft aber auch eine neurophysiologische Störung einhergeht, die zu anderen Verhaltensauffälligkeiten wie Schlafstörungen, Verdauungsproblemen oder Dauerschreien führt, hat die Medizin erst seit Mitte der 80ziger Jahre erkannt.

Verursacht werden diese Verbiegungen der oberen Halswirbelsäule häufig durch den Geburtsvorgang. Während der Preßwehen wird starker Druck auf den Kopf ausgeübt, durch die Anpassung an den Geburtskanal werden die Schädelknochen zusammengepreßt und Kopf und Halswirbelsäule gedehnt. Insbesondere nach Entbindungen mit einer langen Austreibungsphase und bei Saugglocken- oder Zangengeburten sowie nach Kaiserschnitten leiden die Babys oft unter dem KISS - Syndrom. Das heißt: Die Wirbel in der Halswirbelsäule verrutschen nach links oder rechts (Schiefhals), mit der Folge, daß die Säuglinge den Kopf nur zu einer Seite neigen und auf Berührung der anderen äußerst empfindlich reagieren.

Durch diese asymmetrische Kopfhaltung kann es dann auch zu Stillproblemen kommen, ganz einfach deshalb, weil das Baby seinen Kopf nicht in die richtige Richtung drehen kann.

Auch das nervöse Hin- und Herbewegen des Kopfes, das meist zum Kahlscheuern der Haare an einer bestimmten Stelle führt, deutet oft - ebenso wie eine hohe Tastempfindlichkeit des Nackens auf das KISS - Syndrom hin. Auch bei Fußfehlstellungen und Reifungsproblemen der Hüftgelenke (diese werden meist durch eine Ultraschalluntersuchung in der sechsten Lebenswoche erkannt), kann das KISS - Syndrom mit verursachend sein. Denn durch die Verschiebungen im Bereich der oberen Halswirbelsäule kommt es zu Veränderungen in der Gesamtstatik, die der Organismus unbewußt durch andere "Fehlhaltungen" zu kompensieren versucht.

Zahlreiche Beobachtungen haben gezeigt, daß auch bei den sogenannten "Schreikindern" und bei Babys, die unter 3-Monats-Koliken zu leiden haben, oft gleichzeitig eine Asymmetrie der Halswirbelsäule auftritt. Gelingt es, diese zu beheben, verschwindet meist sofort auch die Begleitsymptomatik wie das Schreien und die schmerzhaften Koliken.

Ein nicht behandeltes KISS - Syndrom kann dagegen im weiteren Lebensverlauf zu starken gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Haltungsschäden, Aufmerksamkeitsdefizite und Lernstörungen) führen. Deshalb sollte im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen immer auch eine manuelle Funktionsuntersuchung der Halswirbelsäule vorgenommen und falls notwendig, eine gezielte Therapie eingeleitet werden.

Hierbei handelt es sich um eine spezielle sanfte schmerzlose manuelle Behandlung, die meist schon nach wenigen Sitzungen zum Erfolg führt. Ziel der Therapie ist es, die Halswirbelsäule wieder in die richtige Balance zu bringen, so daß die volle Beweglichkeit hergestellt wird und alle Funktionen reibungslos ablaufen können. Je früher die Behandlung beginnt, desto schneller verschwinden die Symptome und Eltern und Kind können die ersten Lebensmonate mit Freude genießen.

 
 
 

 ©1999 Dr. Gerhard Otto